Für das Team – nicht für den Applaus

Was Führungskräfte von Kanté, Henderson und Müller über dienende Leadership lernen können

Disclaimer:
Kurz vorweg, ich bin kein grosser Fussball-Fan und Kenner, daher bitte Ungenauigkeiten zu verzeihen. Aber ich halte die Analogie für sinnvoll, da sie leicht zu verstehen ist.

In der Welt des Fussballs werden oft die grossen Namen gefeiert – die Torschützen, Dribbler und Superstars, die Spiele entscheiden und Schlagzeilen dominieren. Doch abseits des Scheinwerferlichts gibt es Spieler, ohne die keine Mannschaft funktionieren würde: die stillen Leistungsträger. Jene Spieler, die im Dienste des Teams arbeiten, Räume füllen, Bälle zurückgewinnen und sich selbst zurücknehmen – auch wenn das bedeutet, auf persönlichen Ruhm zu verzichten.

Diese Spielertypen verkörpern etwas, das in der modernen Führungspsychologie unter dem Begriff “Servant Leadership” zusammengefasst wird. Die zentrale Idee: Führung ist kein Status, sondern eine Haltung – geprägt von Demut, Verantwortungsbewusstsein und dem Willen, andere besser zu machen.

Nach meiner Recherche sind N’Golo Kanté und Thomas Müller Beispiele für solche Spieler. Menschen, die nicht den eigenen Ruhm im Fokus haben, sondern den Sieg des Teams!

N’Golo Kanté – Der Unsichtbare Held

Der französische Weltmeister und frühere Chelsea-Star ist das Paradebeispiel eines Spielers, der alles für das Team gibt– oft ohne dass es jemand merkt. Seine Statistiken sind beeindruckend: kaum ein Spieler erobert so viele Bälle, läuft so viele Kilometer und hat ein derart feines Gespür dafür, wo Gefahr entsteht. Und doch fällt Kanté oft wenig auf.

Seine Spielweise ist uneitel, dienend und effektiv. Kanté rennt nicht, um gesehen zu werden – er rennt, damit andere glänzen können. Er personifiziert damit das Konzept des Servant Leadership, das in der Managementliteratur stark diskutiert wird (Greenleaf, 1977).

In Teams funktioniert das oft genau so: Wer still und verlässlich das Rückgrat bildet, ermöglicht anderen, zu performen. Kantés Präsenz macht Mitspieler mutiger, freier und kreativer – ein Effekt, den man auch bei Führungskräften beobachten kann, die Verantwortung übernehmen und Rückendeckung geben.

Thomas Müller – Der Raumdeuter mit Teamfokus

Thomas Müller ist ein Phänomen. Er hat weder das spektakulärste Dribbling noch die grösste technische Eleganz, und doch gehört er seit über einem Jahrzehnt zur Weltelite. Warum? Weil er das Spiel versteht wie kaum ein anderer – und immer für das Team spielt. Müller geht Wege, die anderen Räume öffnen. Er ist ein Meister der taktischen Intelligenz und der uneigennützigen Bewegung.

Sein berühmter Spitzname „Raumdeuter“ beschreibt genau das: Er interpretiert den Raum, nicht für sich, sondern für das Kollektiv. Müller verkörpert das Prinzip der kooperativen Führung: Er lässt andere glänzen, schafft Strukturen auf dem Feld, motiviert verbal und nonverbal – und ist sich nie zu schade, auch defensiv mitzuarbeiten.

Diese Form der situativen, anpassungsfähigen Leadership wird in modernen Führungsmodellen wie dem Shared Leadership als zukunftsfähig angesehen: Nicht einer führt, sondern das Team übernimmt wechselseitig Verantwortung (Pearce & Conger, 2003).

Fussball und Wirtschaft

Die Metapher ist klar: Kanté und Müller stehen stellvertretend für dienende, verantwortungsvolle und gemeinschaftsorientierte Führung. In Organisationen, die in komplexen und dynamischen Märkten bestehen wollen, brauchen wir genau diese Art von Menschen:

Die verlässlichen, bodenständigen Leistungsträger, die sich nicht in den Vordergrund drängen, sondern Stabilität, Sicherheit und Struktur geben. Strategisch denkende Menschen, die das grosse Ganze im Blick behalten und Räume für andere schaffen, ohne sich in den Mittelpunkt zu stellen

Führung ist kein Ego-Trip

In einer Welt, die zunehmend von Komplexität, Geschwindigkeit und Unsicherheit geprägt ist, gewinnen dienende Führungspersönlichkeiten an Bedeutung. Der Wunsch nach Sinn, Zusammenhalt und Verlässlichkeit wird grösser – und genau hier liegen die Stärken der „unsichtbaren Leader“, wie sie im Fussball oder in Unternehmen wirken.

Denn am Ende zählt nicht, wer im Rampenlicht steht, sondern ob das Team gemeinsam gewinnt!

Diese Philosophie muss aber auch im Kleinen gelebt werden! Denn Teamgeist heisst auch: gemeinsam durch Unbequemes.

Diese Philosophie – dass der Teamerfolg wichtiger ist als das persönliche Ego – entfaltet ihre wahre Kraft nicht nur im Rampenlicht, sondern im Kleinen, im Alltag. Dort, wo es keine Applauskultur gibt, sondern Meetings, Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten. In jeder Organisation gibt es Menschen, mit denen man sich vielleicht nicht intuitiv versteht, deren Kommunikationsstil oder Persönlichkeit herausfordert. Und doch zeigt sich genau hier die Reife eines Teams: Können wir mit Menschen an einem Strang ziehen, die wir nicht automatisch mögen – weil uns ein gemeinsames Ziel verbindet?

Es braucht eine Unternehmenskultur, in der nicht persönliche Sympathie, sondern gemeinsame Verantwortung die Zusammenarbeit prägt. In der wir aufhören, bei Problemen sofort Schuldige zu suchen, sondern zuerst gemeinsam nach Lösungen suchen. Psychologische Forschung zeigt deutlich, dass psychologische Sicherheit – also das Vertrauen, dass man ohne Angst vor Beschämung Fragen stellen, Fehler zugeben und Unterstützung einfordern darf – ein zentraler Prädiktor für Teamleistung ist (Edmondson, 1999).

Doch diese Kultur entsteht nicht von selbst. Je grösser die Herausforderungen, desto stärker ist der Reflex vieler Menschen, in Verteidigung, Misstrauen oder Schuldzuweisungen zu verfallen. Das eigentliche Problem bleibt dabei oft ungelöst. Wer hingegen in kritischen Momenten Kooperation über KonfrontationLösung über Schuld stellt, baut langfristig eine resiliente und leistungsfähige Teamstruktur auf – genau wie im Fussball ein Spiel nicht gewonnen wird, weil einer glänzt, sondern weil alle ihren Beitrag leisten, auch unter Druck.

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